Angriff ist die beste Verteidigung
Digitalisierung Arbeitsmarkt Bildung SchuleWie buchstabiert man Zukunftsfähigkeit? Gestern wurde eine aktuelle Studie des Bitkom veröffentlicht, nach der wir in Deutschland aktuell 124.000 offene Stellen für IT-Experten haben. Vor allem Software-Entwickler werden händeringend gesucht. Nur mal so zur Einordnung: Vor zwei Jahren waren es mit 55.000 unbesetzten Stellen noch deutlich weniger als halb so viele. Jetzt wäre das schon absonderlich genug, wie man in eine solche Situation mit Ansage rauschen kann. Denn es fehlte ja nicht an Mahnungen und Warnungen, an Forderungen nach mehr Zuwanderung von IT-Spezialisten, mehr Informatik-Studierenden und einem Pflichtfach Informatik in der Schule. Und, ja, man kann auch in Deutschland neue Pflichtfächer einführen - wie sich in Hamburg studieren lässt. Nur halt nicht Informatik oder sonstwas Digitales. Da sind die Bildungspolitiker/innen und die Manfred-Spitzer-Gedächtnismahner schon davor.
Diese Diskrepanz zwischen “freie IT-Jobs” und “Vorbereitung auf einen Beruf mit Zukunft in der Schule” wird wunderbar deutlich an einer ganz aktuellen Forderung der Linken. Die wollen das Digitale nämlich doch in die Schule bringen, allerdings mit einem Schulfach “Digitale Selbstverteidigung”. Abwehren, verhindern, verstecken - das Sinnbild der “German Angst”. Wie viel besser wäre es, wir würden unsere Kinder befähigen, selbst digitale Technologien zu nutzen, um Dinge zu schaffen. Digitale Anwendungen und Projekte, die unsere Wertevorstellungen widerspiegeln, damit wir womöglich nicht nur die Produkte nutzen wollen und müssen, die anderswo entwickelt werden.
Leider gibt es dafür nur sehr wenige Fürsprecher. So dürfte absehbar sein, dass der Bedarf an IT-Experten weiter steigt, das Angebot aber nicht oder nur sehr überschaubar. Und so die Zahl der offenen Stellen 2020 erneut steigen wird. Für ein Land ohne nennenswerte natürliche Ressourcen ist so ein Mangel an klugen Köpfen allerdings tatsächlich existenzbedrohend. Aber wir werden irgendwann sagen können, wir haben unsere Schulen so lange analog gehalten, wie es ging. Und vielleicht auch darüber hinaus.
Dieser Text ist als Einleitung zur Ausgabe #81 meines wöchentlichen Newsletters “Undisruptable Technology” erschienen, den man kostenlos hier abonnieren kann.