Beispielhaft
Darauf habe ich schon die ganze Zeit gewartet. Dass endlich mal jemand zur aktuellen Situation in Nahost schreibt, wenn Terroristen aus Luxemburg jemanden in Deutschland entführen, dann würde ja auch nicht die Bundeswehr in Marsch gesetzt. Und würde sie, dann würde der UN-Sicherheitsrat einstimmig das Vorgehen verurteilen. Nur Israel, ja, das sei ja etwas anderes, deshalb…
Nun, kein Gedanke ist schwachsinnig genug, dass er nicht von einem Kollegen mal irgendwann in die Praxis umgesetzt wird. Andreas Zumach hat das gestern in der “taz” bewiesen. Sein Beispiel geht aber um Spanien und Frankreich:
Angenommen, die baskische Untergrundorganisation ETA hätte zwei spanische Soldaten nach Frankreich entführt und von Stützpunkten auf südfranzösischem Territorium Raketen auf Ziele in Spanien abgeschossen. Hätte die spanische Luftwaffe dann unter Berufung auf das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UNO-Charta den Pariser Flughafen, die Autobahn von Paris nach Brüssel sowie den Hafen von Marseille bombardiert?
Angenommen, die Eta säße aber mit ein paar Ministern in der Pariser Regierung, zudem wäre der Süden Frankreichs von französischem Militär und Polizei verlassen, stattdessen hätten da Eta-Milizen das sagen? Und zudem würde die französische Regierung sagen, dass es ihr ja irgendwie leid tue, mit den Raketen auf den Nachbarn, aber machen dagegen, nun da könne man wohl nichts. Selbst der Vergleich hinkt noch - aber würde dann die spanische Regierung wohl sagen: Naja, dann müssen wir mal eine strenge Resolution bei der UN einfordern, um diese Terrorangriffe zu stoppen. Und ansonsten hinterm Grenzzaun stehen?
Höchstwahrscheinlich nicht. Wenn die spanische Regierung so vorgegangen wäre wie seit nunmehr sechs Tagen die israelische Regierung gegen Libanon, wäre sie wohl von einer überwältigenden Mehrheit der UNO-Generalversammlung verurteilt worden - wegen eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges. Doch für Israel galten schon immer besondere Bedingungen und Ausnahmen vom Völkerrecht.
“Jüdische Weltverschwörung”, ich hör’ dir trapsen. Ansonsten wäre es bei einem ausgewogenen Artikel, den Zumach ja ganz offensichtlich nicht schreiben wollte, vielleicht ganz angebracht gewesen zu erwähnen, dass auch der Libanon die UN-Resolution nicht umgesetzt hat, die ihn verpflichtet, die Hisbollah-Milizen zu entwaffnen.
Besonders schön wenn Zumach dann am Ende versucht, noch die Kurve zu kriegen und schreibt:
Diese Mahnung bezieht sich auf die Regeln des “humanitären Völkerrechts” zur Kriegführung, insbesondere auf die Bestimmungen der Genfer Konventionen zum Schutz der Zivilbevölkerung, an die auch die Hisbollah gebunden ist.
Fein, die Hisbollah ist also daran gebunden, die Regeln der Kriegsführung zu achten. Blöd nur, dass sie das nicht weiß oder es sie nicht interessiert. Und dass sie ihre Raketen einfach weiterhin aus den Höfen bewohnter Häuser abschießt oder zwischen spielenden Kindern. Aber was kümmert das jemanden, der in seinem Text ohnehin nur belegen will, dass Israel derzeit schon was ganz schön böses macht - ohne das aber zu sagen.