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== Andreas Streim ==
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I am a digital resident and this is my ~

Kursgewinngarantiegesetz

Börse Rocket Internet Startups Zalando

Mal vorweg: Ich habe keine Aktien von Zalando oder Rocket Internet gekauft. Und zwar nicht nur weil ich dazu viel zu bequem bin und für Aktienhandel zu schwache Nerven habe, auch nicht nur weil ich dafür gerade mal kein Geld übrig habe - sondern aus bewusster Entscheidung. Das hat was mit Geschäftsmodellen zu tun, mit Transparenz oder ihrem Fehlen, mit der Überlegung, wer von etwas profitiert und wer nicht.

Wobei, soviel mal als kleiner Einschub, meine Karriere als Börsenguru nicht wirklich eine war. So habe ich hier im Blog 2006 (ja, so lange gibt’s das hier schon und sogar ein bisschen länger) über den Xing-Börsengang fabuliert, dass ein Kurs von 30 Euro ja kaum zu halten sei. Die Aktie notiert aktuell bei 75 Euro. Tja, hätte ich mal…

Zalando und Rocket Internet haben aber gezeigt, dass in Deutschland Internet-Unternehmen an die Börse gehen können. Dass es Anleger gibt, die bereit sind, Geld in Unternehmen (ja, in Unternehmen!) zu investieren, damit diese mit dem Geld ihr Geschäft ausbauen, wachsen, international erfolgreich werden können. Und nachdem ein paar Wochen lang publizistisch das mehr oder weniger bejubelt oder zumindest mit einem gewissen Respekt vorbereitet wurde, kommt jetzt - wenig überraschend - der Slashback. “Spiegel Online” titelt aktuell “Absturz nach Börsengang: Zalando-Rocket-Fiasko alarmiert Anlegerschützer”.

SpON zu Zalando

Da stehen beachtliche Sätze drin wie

Eine volle Handelswoche lang sind die Kurse der beiden Start-ups von Tag zu Tag immer weiter abgestürzt. Aus Zeichnern sind Gezeichnete geworden.

Gezeichnete. Weil es so viele Menschen gab, die z.B. Zalando-Aktien haben wollten, zu einem bereits bekannten Ausgabekurs. Was haben die Leute denn erwartet? Dass - klar doch, Internet-Unternehmen und alle außer mir sind doof! - zum Börsenstart der Kurs erstmal um 20, 30 oder 40 Prozent steigt und man dann schnell ordentlich Kasse machen kann? Der Kurs kann ja nur so in den Keller rauschen weil viele von denen, die erstmal Aktien gezeichnet haben, sich gleich mal wieder von denen getrennt haben. Und man sich dann schon die Frage stellen muss, mit welchen Motiven diese Zeichner denn tätig geworden sind. Waren das jetzt Investoren oder Zocker? Und muss ich großes Mitleid mit den Zockern haben, so viel wie mit dem in der Spielbank, der seinen Stapel auf Rot schiebt und dann einen Schuldigen sucht, wenn es zum vierten Mal hintereinander wieder Schwarz wird?

Aber in dem Text stehen noch genialere Dinge:

Der Ökonom und Anlageexperte Max Otte fordert nach dem jüngsten Debakel die Politik im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE zum Eingreifen auf: “Der Gesetzgeber muss die Anleger schützen. Ein Unternehmen soll erst an die Börsen gelassen werden dürfen, wenn es nachhaltig Gewinne macht.”

Ja, genau, der Gesetzgeber muss das verhindern, wenn die Anleger Zeichner ja offenbar nicht in der Lage sind, Börsenprospekte zu studieren oder sich gar, hui!, über das Unternehmen, dessen Miteigentümer sie da gerade werden wollen, anderswo zu informieren. Es war jetzt kein allzu großes Geheimnis im Vorfeld der Börsengänge, dass Zalando und Rocket bislang nicht so die ganz großen Cash-Cows sind. Aber “Anlageexperten” in Deutschland würden ja auch verbieten, dass so eine Firma wie Amazon an die Börse dürfte, denn, mal ehrlich, die verdienen ja auch kein Geld, schon gar kein nachhaltiges. Wobei es da auf die Definition ankommt, denn sonst könnte manches traditionelle Unternehmen vor einem drohenden Delisting stehen.

Aber wenn schon, dann sollte man den Gedanken weiterführen und nicht auf halbem Weg stehen bleiben.

**Was wir brauchen ist ein Kursgewinngarantiegesetz, das Kursverluste an der Börse untersagt und nur Unternehmen zulässt, die grundsätzlich steigende Kurse garantieren können. Das wäre mal ein echtes deutsches Alleinstellungsmerkmal. **

In einem Land, in dem man immer noch nicht verstanden hat, dass Kursgewinne und Dividenden am Ende nur die Bezahlung für ein Risiko sind. Das Risiko, dass man mit seinem Investment eben daneben lag und es null Dividende und kräftige Kursverluste gibt.

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